Altriman – Die Langversion

Morgendliche Vorbereitung und Schwimmen:

Der Wettkampfmorgen begann wie immer extrem früh: ein Startum 5:30 bedeutet halt, spätestens um 3:00 Uhr aufstehen. Naja, der Wecker klingelte, und auf ging es: zum Frühstück gab es ein Marmeladen-Baguetten und endlich wieder Kaffee, der diesen Namen auch verdient – nach 6 Wochen Koffeinentzug. Neben der Esserei mussten noch alle Flaschen aufgefüllt werden, Kontaktlinsen in die Augen und die Sturzverletzungen versorgt werden. So war eine Stunde schon schnell rum und wir konnten aufbrechen zur Wechselzone.Immerhin regnete es nicht, das war doch schon mal gut und der Wetterbericht hatte auch keinen Dauerregen vorhergesagt. In der Wechselzone verging die Zeit dann schneller als geplant: Rad fertig machen, Beutel mit Klamotten aufhängen und Toilette suchen. Dummerweise waren so ungefähr die zehn Benutzer vor mit nicht in der Lage zu treffen und so sahen die Dixies aus. Urgh!! Dann doch in die Büsche….Nochmal zu den Beuteln und Neo an – nein, Nummer musste noch aufgebappt werden.  Dafür brauchte man Wasser, hatte ich aber nicht dabei. So musste das Iso herhalten. Dann rein in den Neo und als ich grad mit den Beinen drin bin, sagt ein Helfer: noch 4 Minuten. Ach Du Sch…. Also, allen Rest in die Beutel gestopft und durch den dunklen Wald zum Schwimmstart gerannt. Vaseline gab es also nicht und Einschwimmen auch nicht. Im Laufen Neo zu, Kappen auf und am Start nach vorne gedrängelt – ok, bei den wenigen Startern nicht wirklich wichtig. Hier gab es noch einen Schweigeminute für einen anscheinend verunglückten angemeldeten Teilnehmer und dann ging es los. Ab in die Dunkelheit auf das Licht zu. Beim Losschwimmen sah ich dann auch die roten Signalfackeln – war ein cooles Licht.Nach ca. 200m hatte ich dann schon genug. Entweder saß der Neo nicht richtig oder das Wasser war mir zu kalt – auf jeden Fall bekam ich kaum noch Luft und musste mehrmals locker Brust schwimmen. Ich war wirklich kurz davor zu einem der Boote zu schwimmen und mich festzuhalten, da ich dachte, gleich ist es vorbei. Ich vermute es war die Kombination aus dem Neo der den Hals etwas einzwängte und dem extrem kalten Wasser.  Glücklicherweise gab sich das dann wieder nachdem ich den Neo etwas runtergerissen hatte und einige Meter locker geschwommen war. Danach konnte ich normal weiter schwimmen, die Gruppe in der ich unterwegs war, war nun zwar weg, aber mein Rennen beginnt je eh erst am Schwimmausstieg.Der Schwimmkurs besteht dann aus zwei Runden mit einem etwas längeren Landgang. Hier steigt man auf der einen Seite einer Bucht aus dem Wasser und läuft über eine Art Bootssteeg auf die andere Seite und dann noch einmal die ganze Runde. Nach 1:10 hatte ich dann das Schwimmen geschafft und war echt froh, dass ich doch durchgeschwommen war. 

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Rad

Mein Wechsel zum Rad scheint dann nicht ganz so schlecht gewesen zu sein, habe ich doch alleine dabei über zehn Plätze gut gemacht, dabei fand ich mich elend langsam: zweites Unterhemd an, Armlinge, Knielinge, Trikot, Weste, Socken, Kopftuch, Helm, Brille, Handschuhe, Startnummer und endlich ab. Das Trikot hing mir fast bis in die Knie da ich doch recht viel dabei hatte: 3 Gelflaschen, 2 Riegel, 3 CO2 Patronen und noch eine Regenjacke. Dazu zwei Reifen am Sattel – da konnte doch eigentlich nichts passieren. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, hatte ich auch noch in die beiden Beutel für die Eigenverpflegung je einen Reifen gepackt – hier konnte man das machen, da man die Beutel wieder zurück bekam – ein Service, den die Veranstalter auf Hawaii ja nicht hinbekommen.

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Beim Aufsteigen rief mir Julia dann zu, dass ich auf Position 12 liege. Cool das klang doch gut. Auf der Wettkampfbesprechung hatten sie uns gesagt, man sollte sich bis Gesse bei km 140 schonen, da man sonst auf den restlichen 60 km richtig leiden müsse. Dieser Rat war aber vergessen, sobald ich auf dem Rad saß. Also los, wie immer und schon auf der Zufahrt zur Wechselzone hatte ich die ersten drei eingeholt, die noch gar nicht richtig losgefahren waren.Der erste Berg bescherte mir dann die nächsten Opfer und zwei weitere vor dem ersten Col. Die erste Abfahrt bin ich dann doch etwas mit Hirn gefahren, hier lag doch noch etwas Schotter, den größten Teil hatten sie aber sauber gefegt, so dass man ganz gut fahren konnte. Zuschauer gab es hier noch keine, wobei die Straßen generell so leer waren, das habe ich noch nie erlebt. Auch im Training sind mir kaum Autos begegnet – unglaublich schön. Nach der ersten Abfahrt kommt dann ein richtig fieses Stück: ca. 10km Anstieg mir Gegenwind – oder besser Gegensturm. Also klein gemacht auf dem Rad und rauf. Bis zum nächsten Col hatte ich einen weiteren Fahrer eingeholt und zwei weitere direkt vor mir. Runter ging es wieder fix nach Matemale und vorbei an Julia, die mir den Abstand zu ersten durchgab – noch 5 Minuten. 

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Die beiden Kollegen vor mir konnte mir dann auf dem wohl einzigen Flachstück schnappen, und weiter ging es nach Querigut. Hier geht es tendenziell bergab, eigentlich eine gute Sache, aber man hat immer in Hinterkopf, dass man den Mist ganz am Ende wieder rauf muss – der Seeund die Wechselzone liegt auf ca. 1500 Meter Höhe….Schließlich geht es dann wieder aufwärts zum höchsten Punkt des Kurses. Auch dieser Anstieg hat ca. 10km. Hier war es dann so weit, der bis dahin Führende stand förmlich am Berg. Also vorbei und mit Begleitung weiter – immer hinter dem Führungsmotorrad her und begleitet vom Organisator, der mir die Abstände regelmäßig durchgab. Das motivierte natürlich ungemein, zumal der Abstand wuchs. Bis zum Gipfel waren es 2 Minuten. Ok, mein Plan war ja auch, bis zum Wechsel mindestens 20 Minuten auf Alexandre zu haben, sonst war mir klar, dass der mich in Grund und Boden läuft. Oben auf dem Gipfel dann: Nebel, aber richtig. In der Abfahrt sah man teilweise kaum 10 Meter weit und zu nieseln begann es auch noch. Glücklicherweise ist die Abfahrt nicht ganz so schnell wie bspw. beim Swissman. Es hat hier viel mehr Kurven und vor allem viel mehr Schlaglöcher. Ãœberhaupt die Strecke: wunderschöne kleine Straßen aber extrem technisch: es gibt eigentlich keinen Abschnitt, in dem man sich erholen kann: entweder geht es bergauf oder so technisch bergab, dass man volle Konzentration braucht, um einigermaßen fix die Berge wieder runter zu kommen. Die neuen Reifen fuhren wie eine Eins, herrlich geschmeidig und perfekter Halt. Da hatten sich die Unsummen und die lange Warterei gelohnt.Während des nächsten Anstiegs regnete es weiter, aber es war glücklicherweise so warm, dass ich auf die Regenjacke verzichten konnte. Die habe ich eigentlich den ganzen Tag spazieren getragen. Oben am nächsten Col war der Abstand dann schon 3 Minuten und ich fühlte mich noch gut. So konnte es doch weiter gehen. Nach diesem Col geht es wellig weiter, mal schneller, mal langsamer. Schließlich kam wieder eine schöne lange Abfahrt nach Gesse wo es den nächsten Verpflegungsbeutel gab. Nun galt es noch 60km zu fahren. Die Uhr zeigte schon über 5 Stunden auf dem Rad – normalerweise würde nun das Laufen anstehen, hier gab es aber noch ca. 2000hm zu fahren. Nach Gesse geht es mal wieder …. bergauf und das wieder richtig. Hier wurde es sogar dann sogar mal warm und die Sonne kam durch. Dafür auch wieder der Wind – so ging es mit teilweise nur noch 11km/h bergauf. Ich dachte schon, das war es, gleich haben sie dich, doch dann sage mir der Organisator: 5 Minuten. Cool, die litten also noch mehr als ich da hinten.  Wieder eine wunderschöne technische Abfahrt zurück ins Tal um dann in den nächsten Anstieg nach Querigut zurück zu klettern. Hier konnte ich dann sogar die ersten Fahrer der Mitteldistanz überholen, die noch unterwegs waren.  Ab Querigut sind es dann noch ca. 20km, die war ich im Training in 50 Minuten gefahren. Nun dauerte es etwas länger doch dann war es endlich so weit: die Abzweigung in Richtung T2 und die Uhr zeigte 7:45. Ok, langsamer als der schnellste im letzten Jahr und der Vorsprung war auch nur 7:30. Das würde nicht reichen gegen Alexandre, aber egal. Nur noch das letzte Stück über eine Straße die eigentlich nur aus Flicken besteht. Da ist auch nix mehr mit Schlaglöcher umfahren. War jetzt auch egal, die Reifen hatten bis hierher gehalten und würden auch das überstehen. 

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So konnte ich dann als erster in die Wechselzone laufen und gefilmt von den Medien auf die Laufstrecke wechseln. Schrecklich, wenn man beim Wechsel gefilmt wird und nicht in die Socken kommt….

Laufen

Dann ging es los auf die Laufstrecke, die es ebenfalls in sich hat. Ich war sie ja in Etappen in der Woche abgelaufen, wusste also, was mich erwartete. Es geht erst am See entlang über die Staumauer auf die andere Seite, dort die Böschung rauf zum ersten Wendepunkt, dann zurück, rauf in den Ort, weiter rauf bis zu einem anderen kleinen hübschen See zum zweiten Wendepunkt, dann alles wieder zurück zum ersten Wendepunkt und anschließend wieder in den Ort ins Ziel. Das klingt nun nicht sonderlich spannend, aber langweilig wird einem auf der Strecke nicht. Das erste Stück geht am See entlang über einen besseren Trampelpfad: dicke Wurzeln, Absätze und kleine Brücken gilt es zu überwinden, bevor die Staumauer eigentlich das einzige flache und ebene Stück ist. Beim Loslaufen dachte ich noch – ohje, das werden lange 42km. Meine Beine wollten so absolut nicht. Hilft aber alles nichts, wenn man hinter dem Führungsrad herläuft, kann man nicht schwächeln.

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Also ging es erst durch den Wald und auf die andere Seeseite. Der Anstieg zum Wendepunkt war irgendwie steiler geworden, seit dem Trainingslauf hier. Ganz seltsam. Glücklicherweise sind das nur ca. 800m die es aufwärts geht. Auf dem Rückweg kam mir Alexandre schon entgegen – er hatte hier ca. 8 Minuten Rückstand. Das ist das gute an einer Wendepunktstrecke – man kann die Abstände perfekt messen. Der dritte hatte schon mehr Rückstand. Also wieder über die Staumauer – hier wehte wieder richtig fieser Wind und ich war froh, dass ich die Weste zum Laufen angezogen hatte.

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Nach dem Waldstück am See läuft man über einen Schotterweg bis ins Dorf hinauf. Der besteht aber auch nur aus tiefen Wasserlöchern, dicken Steinen und sonstigen Unebenheiten. Wäre ja auch langweilig, wenn es hier schönen feinen Schotter gäbe. In dem Ort wird die Strecke dann noch etwas steiler, dafür hat man wieder Asphalt unter den Schuhen. An einer Stelle darf man auch einen Treppe rauf laufen – beim ersten Mal konnte ich da sogar fast laufen. Nachdem man die Ortsmitte passiert hat, kommt die richtige Schweinerei: ca. 1km geht es 10% bergauf – spätestens oben schaut dann jeder über Kreuz. 

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Anschließend geht es ein Stück bergab bis zu einem wirklich schönen kleinen See. Kurz vor der Wende war es dann soweit – TAPTAPTAP kam Alexandre von hinten angeflogen und zack war er vorbei. Da war überhaupt kein daran denken, dass ich da mitlaufen konnte. Glücklicherweise kam dann der Wendepunkt und ich konnte abschätzen wie weit der nächste zurück lag. Da musste ich mir dann eigentlich keine Sorgen machen, der hatte schon 15 Minuten Rückstand. Wie das halt so bei Wendepunktstrecken ist, darf man den netten 10%er nun wieder runter laufen und das tut dann so richtig nett weh. Spätestens jetzt kennt man auch die Strecke und man kann abschätzen, was einen noch erwartet: runter zum See, über die Staumauer, wieder zum ersten Wendepunkt und wieder zurück.

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Auch hier konnte ich wieder die Abstände abschätzen – ich hatte immer noch genügend Vorsprung und ich ertappte mich schon dabei, dass ich überlegte, dass ich auch gehen könnte und es noch reichen würde. Habe ich natürlich nicht gemacht, gehört sich ja nicht.  

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So trottete ich wieder rauf ins Dorf und dann endlich: die Abzweigung ins Ziel. Hier geht es in eine große Halle, in der das Ziel auf einer Tribüne steht. Das bedeutet noch einmal einige Treppen rauf und endlich – das Ziel. Nach 12:46 hatte ich meinen längsten Wettkampf geschafft – mit meinem besten Langdistanz Ergebnis.

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Direkt im Ziel wurde ich interviewt und habe im Überschwang der Gefühle gleich versichert, dass ich im  kommenden Jahr wieder komme.

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Damit steht die Planung für das kommende Jahr nun schon fest.Nach dem Interview und einigen Photos für die Presse gab es dann noch eine Medaille und anstelle eines T-Shirts eine nette Fleece Weste.

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Die brauchte ich auch, da mir im Ziel schnell richtig kalt wurde, so dass ich alles anziehen musste, was ich dabei hatte, bzw. was in meinem Beutel war.

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Am nächsten Morgen stand dann das große Aufräumen an. Also, Zelte abbrechen, Räder ins Auto, all die Sportsachen irgendwo unterbringen und dann durften wir schon wieder den Campingplatz verlassen. Bis zur Siegerehrung war noch etwas Zeit, so dass wir uns noch etwas am See herumdrückten, endlich konnte ich ja auch wieder einen Kaffee trinken und ließen es uns in der Sonne gut geht.

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Hier wurde dann auch noch ein Gruppenbild mit allen Finishern gemacht – ok, vermutlich fehlen einige, denn das Photo entstand recht spontan.

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Die Siegerehrung war dann kurz und schmerzlos, keine AKs, nur die ersten drei 😉 Da war ich ja dann dabei…

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Noch etwas Smalltalk mit dem Organisator und einem anderen Starter, dessen Frau Julia kennen gelernt hatte – er versuchte auch meinen Rücken zu richten, der durch das Rad arg gelitten hatte und dann ging es schon wieder nach hause, bzw. erst einmal bis kurz vor Lyon zu dem Campingplatz, auf dem wir schon auf dem Hinweg übernachtet hatten.

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Seltsamerweise war ich nicht so platt wie letztes Jahr nach dem Embrunman. Eigentlich ging es mir sogar ganz gut, anscheinend war es doch ganz gut, dass ich die letzten Kilometer nicht mehr voll am Anschlag gelaufen bin, so hatte ich auch kaum Muskelkater oder sonstige Probleme. Einzig die Füße taten etwas weh, vermutlich waren die Sohlen der Schuhe doch zu dünn für den Untergrund.

Fazit:

Jetzt fragt sich natürlich jeder, was denn mein Fazit zu der Veranstaltung ist. Ganz einfach: super genial. Ich hatte im letzten Jahr gedacht, besser als Embrun geht nicht, wurde aber eines besseren belehrt. Dieser Wettkampf ist wunderschön. Klein und familiär (die wollen gar nicht mehr als 250 Starter haben), liebevoll organisiert (teilweise besser als die großen), abenteuerlich alleine schon wegen des unberechenbaren Wetters, extrem anspruchsvoll, damit aber auch absolut fair. Dazu eine Landschaft und eine Strecke, wie ich noch nie eine schönere gesehen habe. Aber wie gesagt, der Anspruch: Julia hat es schön auf den Punkt gebracht: wenn man hier nur fit an den Start geht wird das ein Alptraum, man muss schon super fit sein: Das Schwimmen ist saukalt, die Radstrecke hat wirklich knapp 5000hm mit reichlich Wind und auch die Laufstrecke hat so um die 800hm. Dazu der unebene Untergrund und auch wieder der Wind – alles nicht sonderlich geeignet, um eine neue Bestzeit aufzustellen. Und bis zum nächsten Jahr lerne ich dann noch Laufen, wobei der Alexandre schon ein Tier ist – der ist vor einigen Jahren in Nizza eine 2:50 gelaufen, der kann das also….

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